Eine Reise in die Zukunft der Menschenrechte

Von
Otto Lambauer
Grundlagen, Menschen mit Behinderung
Caritas der Erzdiözese Wien
Konzept/Regie/Organisation/Performance – Chris Müller

Eine fantastische Zugfahrt von einem Bahnhof, über ein Anglerparadies zu einem Zirkuszelt erwartete die Mitreisenden im “Reblaus Express” auf der Lokalbahnstrecke zwischen der Weinstadt Retz und der Thayastadt Drosendorf.

Die Weichen wurden  am 5.Mai.2011 gestellt: 10 Jahre nach Schaffung des ersten Betreuungsleitbildes machte sich eine illustre Gesellschaft mit dem Zug auf den Weg, die geistige Landschaft der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen für sich zu erkunden. 200 Menschen mit und ohne Behinderung, Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter sowie Klientinnen und Klienten aus den unterschiedlichen Einrichtungen der Caritas Wien setzten sich intensiv und lustvoll mit den Fragen der Menschenrechte für Menschen mit Behinderung auseinander. Insbesondere ging es darum, wie diese Menschenrechte in den Einrichtungen der Caritas wirklich ge- und erlebt werden können.

Das Abenteuer Reise: Kurven wurden sicher genommen, Rätsel gelöst, Steigungen  gemeistert, Barrieren abgebaut und Schranken aufgehoben. Wie jede Reise hat auch diese unser Denken und Handeln verändern: von Bevormundung zu Mündigkeit, von Machtschräglage zu Machtgleichgewicht. Die Reisebegleiter gaben ihr Bestes dazu: Autor Franzobel, Schauspieler Oscar Blaha, das Quartett Stelzhamma, der international tätige Fotograf Reinhard Müller, Televisionär Helmut Geissler und Konzeptkünstler Chris Müller.

Zug um Zug dem Neuen näher kommen: Die Reiseunterlagen waren die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die Meinungen, Stellungnahmen und Erlebnisse der Menschen mit Behinderung, die diese im Vorfeld der Reise gesammelt haben. Themenspezifische Workshops haben unseren Horizont erweitert während Weingärten, ausgedehnte Wälder, kleinräumigen Feldfluren an uns vorüberzogen. Die Gleise führten uns über das Hügelland und durch die Flussniederungen, mitunter weitab von Straßen und Siedlungen. Untermalt wurden die mannigfachen Impressionen durch die Kommpositionen der fabelhaften Stelzhamma. Ihr Name steht für lustvolles Zusammenspiel mit Schmäh und Verve im Konglomerat aktueller musikalischer Strömungen vor dem Hintergrund der hiesigen Volksmusik aus der Zeit von Franz Stelzhammer und Anton Bruckner. Erfrischend abgehandelt und in eine rasante neue Form gebracht, immer mit einem Augenzwinkern voll Ironie und swingender Leichtigkeit dargeboten.

Schwelle für Schwelle das Alte hinter sich lassen: 200 Menschen hatten unvergessliche Eindrücke gesammelt, bezaubert vom Schauspiel der Akteure, beflügelt vom gemeinsamen Tun, begleitet von inspirierenden Gedanken, gestärkt von Speis und Trank. Ein ergraute Schaffner (Oscar Blaha, in der Rolle des „alten Leitbilds“) namm uns mit auf seine letzte Fahrt. Er resümierte, erzählte aus seinem Leben und von kommenden Stationen.

Das unteilbare Recht auf Menschsein und Menschenwürde

der Abbau von Barrieren
die Bemächtigung über den eigenen Lebensentwurf
die uneingeschränkte Teilhabe an allen Lebensbereichen
das Erkennen von Stärken in jedem Menschen

Das Menschsein in seiner Vielfalt und Buntheit

Gestärkt ankommen und inspiriert fortfahren: Höhepunkt dieser Reise und gleichzeitig Ende des erste Etappenziels war der Abschluss im Drosendorfer Zirkuszelt – mit einer “Ruckrede”, die Schwung gab für den weiteren Prozess, die Mut machte, einen gemeinsamen Weg zu gehen, ohne Barrieren, mit Freude an der Vielfalt.  Am Ende ging jeder inspiriert nach Hause und begann die Reise im Alltag fortsetzen.

Inklusive Inspirationsquelle für die Zeit danach: Gemeinsam mit der „Bibliothek der Provinz“ wird ein LOKbuch erstellt, das die ungewöhnliche Reise, lückenlos filmisch und fotografisch dokumentiert.  So kann jeder Teilnehmer, aber auch jeder Nichteilnehmer  – die Reise für sich wieder entdecken und neue Seiten im Alltag der gelebten Menschenrechte aufschlagen.