Es ist zu spät, ein Pessimist zu sein

Sag, in welchen Farben wollen wir die Zukunft malen? Verfallen wir den Aposteln der Apokalypse, die die Diktatur der Maschinen und Künstlicher Intelligenzen vorhersagen, den Ökopessimisten, die uns sagen, dass alles bereits zu spät sei?

Lauschen wir den Beschwichtigenden an Stammtischen, in der Familie oder in Netzwerken, die jede Klimaveränderung als Mainstream Humbug und jedes Unwohlsein über technische Fortschritte als Biobauernpalaver abtun?

Derzeit herrschen neben sorgenvollem Denken und daraus resultierendem Handeln auch diametral entgegengesetzte Vorstellungen, die wir mit der Zeit gleich hinter der Gegenwart verbinden. Die euphorische Vision wird vorwiegend von US-Tech-Firmen verbreitet und verspricht eine Zukunft, in der wir uns nur noch zurücklehnen und intelligente Systeme für uns entscheiden lassen. Auf der anderen Seite beschwört die apokalyptische Vision eine digitale Diktatur herauf, in der Menschen konzern- und computergesteuert jegliche Privatsphäre und Selbstbestimmung verlieren, Maschinen und „die da oben“ die Allmacht übernehmen und wir als Menschheitsfamilie kurz vor dem Ruin stehen.

Beiden Sichtweisen gemein ist jedenfalls die Passivität des Menschen und das Gefühl dem Schicksal mit Verheißungen und Bedrohungen ausgeliefert zu sein. Nichts tun zu können!

Wirkmacht statt Ohnmacht

Lasst uns solchen Zukünften ihre Medusa-Masken entreißen und in gemeinsamen, koordinierten sowie strategischen Kraftanstrengungen neue Leuchtzeichen der Hoffnung setzen. Lasst uns neue Bildungsorte schaffen, Hubs und Labore errichten, in Bauhütten und Erfindergaragen investieren und durch Wunderkammern zum Staunen verhelfen.

Wirk- und Werkstatt

Als Entwickler von Werk-, und Wirkstätten und Spross einer Bergarbeiterdynastie, kann ich sagen, noch zählen Seltene Erden zu den begehrtesten Rohstoffen der Welt. Nun aber wird die Förderung von Kreativität und die Gewinnung von Innovationen über Erfolg oder Misserfolg von ganzen Gesellschaften entscheiden. Das Grubengold der Zukunft besteht aus gesellschaftlichen Grundstoffen, die für eine stetige Erneuerung der Zivilisation unerlässlich sind: Schätze, die als Erkenntnisse, Utopien oder Visionen gehandelt werden und nicht fossil sind. Werte, die durch Kunst, Kultur, Forschung oder Bildung entstehen und sich durch Förderung vermehren und uns von Sensoren, Apps, Robotern unterscheiden.

Es braucht daher Orte und Menschen, die Kreativität fördern, die Fantasie anregen, Forschung als Rohstoff begreifen und neue Vernetzung schaffen. So werden Prototypen gewonnen – soziale, technologische, politische und gesellschaftliche. Universitäten und (Fachhoch-)Schulen bleiben somit magische Orte, in denen sich die Zukunft vergegenwärtigt und entscheidet.

Renaissance der Räumlichkeit

Gerade die Digitalisierung führt zu einer Renaissance der Räumlichkeit – physisch und psychologisch. Führt uns zur Wiedergeburt des Haptischen, des Verstehens durch Begreifen, der Aufwertung von Symbolen, der Wichtigkeit von freier Rede und intensiven Zuhörens, dem Genuss von Exklusivität und der Hingabe zur Kontemplation.

Protopia

Das utopische Denken wurde schon oft beerdigt. Die Nachrufe waren noch jedes Mal verfrüht. Solange es Menschen gibt, die eine Gesellschaft ohne Gewalt, Ungerechtigkeit, Arbeitsfron und Naturzerstörung für möglich halten und sich aufgrund der Diskrepanz zwischen dem Wirklichen und dem Möglichen empören, werden sie Utopien malen. Und: Sie werden diese Idealvorstellungen in der Gegenwart beginnen und Generationen danach ertüchtigen.

Ps. Was mich wappnet und trotz ernster Zeit positiv stimmt?

Es ist das Wissen, dass wir seit jeher aufbrechen, um das Ungehörte zu hören, um das Ungesehene zu sehen und um das Ungelöste zu lösen. Egal, ob 20.000 Meilen unter oder über dem Meer. Wir stellten uns Untieren, kämpften gegen die Gezeiten und Elemente. Wir waren im Packeis, der Tiefsee und am Mond, stellten uns dem Aberglauben und wollen die Freiheit von Mangel und Furcht.