Adieu Tabakfabrik!

Seit 2012 durfte ich die Tabakfabrik Linz in ihrer neuen Nutzung entwickeln. Im Sinne des Innovationszyklus übergebe ich zwei Jahre vor Vertragsende ein ausvermietetes Areal in der Gewinnzone und schenke mir ein „neues Leben“ als Unternehmer, Consultant, Vortragender, Autor und Reisender.

Nach 4.135 Tagen im Dienst der Tabakfabrik Linz verlasse ich mit 30. April 2023 die städtische Entwicklungs- und Betriebsgesellschaft und feiere am 1. Mai den „Tag der neuen Arbeit“. Ich übergebe damit ein wirtschaftlich rentables, ausvermietetes Areal, das internationales Renommee erlangte und bis dato mehr als 2,5 Millionen Besucher:innen durch neue Veranstaltungsformate angezogen hat.

Mit meinem Team haben wir bewiesen, dass eine Industriebrache zu einem internationalen Best-Practice-Beispiel transformiert werden kann – mit den zusätzlichen Herausforderungen der innerstädtischen Lage und des Denkmalschutzes.

Nach der Schließung der Zigarettenproduktion im Jahr 2009 von der Stadt Linz erworben, hat sich die ehemalige „Tschickbude“ in den vergangenen Jahren in einen Kreativ- und Bildungscampus, einen Hub für Innovation, IT, Digitalisierung und Start-ups verwandelt, der auch als Aushängeschild für die Revitalisierung denkmalgeschützter Architektur gilt. Mit Blockbustern wie den Ausstellungen „Tutanchamun“, „Titanic“, „Körperwelten“ oder „The Mystery of Banksy“ öffnete sich das Areal für die Öffentlichkeit und lockte auch viele Besucher:innen aus ganz Österreich an. 2015 wurden die Veranstaltungsräume kurzfristig und mit Hilfe der Bevölkerung in eine wärmende Bleibe für Flüchtlinge umfunktioniert.

 

(c) Sabine Kneidinger

Wegen Umbau geöffnet - wegen Vollvermietung übergeben

Der Erfolg lässt sich auch mit Zahlen messen: In Kombination mit dem längst gestarteten Quadrill-Neubauprojekt werden 2025 rund 5.000 Menschen am Tabakfabrik-Areal Zugang zu einem Arbeitsplatz finden. 500 davon werden auch am Peter-Behrens-Platz wohnen. Aktuell haben rund 3.000 Personen aus 250 Organisationen, Firmen und Vereinen Zugang zu einem Arbeitsplatz in der voll vermieteten Tabakfabrik Linz, deren Entwicklungs- und Betriebsgesellschaft nun bereits Gewinne schreibt.

Gründe für den geordneten und einvernehmlichen Abschied bereits zwei Jahre vor Ende meiner Vertragslaufzeit sind die erreichten Ziele in der Transformation des Areals, natürliche Innovationsdynamiken, persönliche Prinzipien und Privates sowie das Wissen um die eigene Vergänglichkeit und die daraus erwachsende Abenteuerlust. Wer Innovation ernst nimmt und die Tabakfabrik richtig versteht, wird weiterziehen und Funktionen übergeben, wenn die Zeit dafür gekommen ist.

Einen Teil des Erfolgsrezepts für die Tabakfabrik war mit Sicherheit die konsequente Ausrichtung an einer diversen Ansiedlungsstrategie, die auf einer synergetischen Durchmischung fußt. Es wurden nicht zahlungskräftige Mieter:innen bevorzugt, sondern jene, die am besten passen.

Außerdem wurde in der Konzeption nicht nur auf aktuelle Trends reagiert, sondern das Areal nachhaltig ausgerichtet. Damit sind nicht nur die über 100 Bäume, die am Areal gepflanzt wurden, gemeint. Dank der Bildungsangebote der Kunstuniversität (Fashion & Technology, Creative Robotics und Tangible Music Lab), des Fadinger-Gymnasiums (Robotik und Digitalisierung), des Evangelischen Oberstufenrealgymnasiums ROSE (Digitaler Humanismus) und des VALIE EXPORT Center Linz werden in der Tabakfabrik die Fachkräfte von morgen ausgebildet.

284 Menschen arbeiteten zum Ende der Zigarettenproduktion in der Tabakfabrik Linz, bevor diese 2009 von JTI endgültig geschlossen wurde. Für die Stadtentwicklung von Linz war es daher wichtig, das Areal zurückzukaufen und wieder zu öffnen. Eine Kraftanstrengung, die sich gelohnt hat. Die Gesamtinvestition, die am Areal getätigt wurde, beläuft sich auf rund 250 Millionen Euro.